Transithölle

Wozu Lobau-Autobahn usw.? Dazu empfiehlt sich ein Blick in eine von Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker 2001 veröffentlichte Presseaussendung. Dort spricht der damals zuständige Wiener SPÖ Verkehrspolitiker ganz offen von den „..Bemühungen Wiens, sich als TEN-Knoten zu positionieren“ sowie mit „..der zu erwartenden Steigerung des Transitverkehrs durch die bevorstehende EU-Erweiterung“. Es soll also im großen Stil LKW Transitverkehr nach Wien geholt werden.
TEN steht für Trans European Networks. Eine Lobau-Autobahn droht Teil einer Schwerverkehrs Autobahnachse Danzig – Wien, zu werden, der TEN Nr.25 (siehe Bild). Also eine Nord – Südverbindung quer durch den Kontinent.

TEN Nr.25 PROJEKTBESCHREIBUNG: Die Route ist eine Verlängerung des ehemaligen europaweiten Verkehrskorridors VI, der auf den Konferenzen von Kreta (1994) und Helsinki (1997) identifiziert wurde und Danzig über Katowice mit Žilina (Slowakei) und über einen westlichen Zweig über Brno nach Wien verbinden würde.Der Korridor wurde als multimodale Nord-Süd-Achse identifiziert, um ein komplexes multimodales Transportsystem für Güter und Passagiere mit dem Hafen von Danzig, der Schiene und den Straßen zu schaffen.

Die TEN Nr. 25 berührt vier Mitgliedstaaten: Polen, die Tschechische Republik, Österreich und die Slowakei. Der westliche Zweig führt über Brünn, die zweitgrößte Stadt der Tschechischen Republik, auf dem Weg nach Wien (950 km), während der östliche Zweig über Žilina, eine Stadt von wachsender Bedeutung für die Automobilproduktion in der Slowakei, in die Landeshauptstadt Bratislava ( 890 km). Es geht um den Bau einer neuen Autobahn mit zwei Fahrspuren in beide Richtungen. Auf einigen Abschnitten zwischen Katowice und Brno / Žilina werden bestehende Straßen ausgebaut.
Das Projekt umfasst auch den Bau einer Zugangsverbindung zum Hafen von Danzig, wo ein neuer Container- und Fährhafen geplant ist. Die Autobahnprojekte sind in den jeweiligen nationalen Entwicklungsplänen der vier Mitgliedstaaten enthalten. Die Arbeiten an den meisten Abschnitten haben bereits begonnen. Einige Unterabschnitte in allen vier Ländern sind bereits abgeschlossen.
(Quelle: European Commission: TEN T Programme 2007 – 2013).

Während bei der EU seit Jahren so getan wird, als ob eh Alles im Bau wäre, sieht die Realität völlig anders aus. So ist z.B.: das Stück, das in CZ direkt hinter der Grenze bei Drasenhofen an die A5 anschließen hätte sollen nicht im Bau. Es ist sogar recht unsicher, ob CZ überhaupt an dieser Stelle eine Autobahn bauen wird!

Vergleicht man die TEN Nr. 25, die als Autobahn geplant ist, mit der TEN Nr. 23 unten im Bild, die als Bahnstrecke geplant ist, fällt auf, dass beide sehr ähnliche Streckenverläufe haben. Die EU setzt auf „Multimodalität“. Das heißt, wer auch immer etwas transportieren will, soll sich aussuchen können, welches hochrangig ausgebaute Verkehrsmittel er verwenden will. Das ist natürlich ein Unsinn, will man einen Lenkungseffekt hin zu umwelt- und klimafreundlichen Verkehrsmitteln, dann wäre es viel gescheiter, NUR die Bahn auszubauen.

Diese Abbildung zeigt die TEN Nr. 23 eine Güterverkehrsstrecke für die Bahn die ebenfalls hochrangig ausgebaut werden soll.

Außerdem ist es ungerecht, denn die Bahn muss viel mehr ihrer realen volkswirtschaftlichen Kosten selbst zahlen, beim LKW zahlt die Allgemeinheit viel mehr von den „Externen Kosten“. Gütertransporte mit der Bahn ist dadurch immer „teurer“ als mit dem LKW. Hinzu kommt, dass viele LKW Frächterfirmen bei den FahrerInnen und dem Material sparen und darauf spekulieren, dass es nur sehr selten Kontrollen gibt, bzw. wenn sie erwischt werden die Strafen immer noch so gering sind, dass es sich auszahlt LKWs mit technischen Mängeln in ganz Europa herumfahren zu lassen und FahrerInnen – direkt oder indirekt – dazu zu zwingen, die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht einzuhalten.

Eine Zulassung von Gigalinern würde noch mehr Tonnage auf den LKW verlagern und wird daher auch von der Gewerkschaft VIDA abgelehnt. Gigaliner hätten eine Länge von 25m und wären bei Überholmanövern wirklich ein Sicherheitsrisiko. Hinzu kommt, dass das österreichische Autobahnnetz nicht auf die für Gigaliner notwendigen Kurvenradien ausgelegt ist. Um sie in Österreich zu erlauben müssten daher zuerst gewaltige Summen in die Adaptierung der Infrastruktur gesteckt werden. Die Gigaliner Debatte hat auch einen militärischen Hintergrund siehe unseren Artikel Panzerfitte Autobahnen für kommende Kriege?

Evaluierung hochrangiger Straßenbauvorhaben in Österreich

26 von 154 Evaluierung des Bauprogramms der Zukunft in Umsetzung des Regierungsprogramms – Schlussfolgerungen
Transeuropäische Netze für Verkehr (TEN-V)
„Die Transeuropäischen Netze für den Verkehr (TEN-V) bilden den Infrastrukturpfeiler der
EU-Verkehrspolitik. Eine eigenständige Infrastrukturpolitik der EU existiert seit Anfang der
1990er Jahre, als transeuropäische Netze für Verkehr, Telekommunikation und Energie im
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (heute Vertrag über die
Arbeitsweise der Europäischen Union) verankert wurden. Die konkrete Ausgestaltung der
EU-Infrastrukturpolitik wird in den Leitlinien der Union für den Aufbau eines
transeuropäischen Verkehrsnetzes vorgenommen, deren aktuelle Variante die
Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 darstellt.
Die TEN-V sind seither auf der Basis einer Zwei-Ebenen-Struktur definiert: Das umfassende
Gesamtnetz bildet ein europaweites Verkehrsnetz, das die Erreichbarkeit und Anbindung
aller Regionen der Union sicherstellt. Das Gesamtnetz ist gemäß den TEN-V Leitlinien bis
2050 fertigzustellen. Das vorrangige Kernnetz soll als Beitrag zum Aufbau des Gesamtnetzes
das Rückgrat eines nachhaltigen Verkehrsnetzes bilden und ist bis 2030 zu realisieren.
“ (..)

„In Österreich sind damit folgende Autobahnen Teil des TEN-V Kernnetzes: A 1, A 2, A 4,
A 5, A 6, A 8 zwischen Knoten Wels und Staatsgrenze bei Suben, A 9 zwischen Knoten
Graz/West und Staatsgrenze bei Spielfeld, A 12, A 13 und A 25. Teil des TEN-V Gesamtnetzes
sind A 7 und S 10, A 9 zwischen Graz und Knoten Voralpenkreuz, A 8 zwischen Knoten
Voralpenkreuz und Knoten Wels, A 10, A 11, A 14 sowie die S 7, S 16 und S 18.
Hinsichtlich der Linienführung im Bereich Wien liegt in den TEN-V Leitlinien keine
verbindliche Definition des Netzes vor. Im Bestandsnetz übernimmt die A 23 die Funktion
des Kernnetzes.
Aus den TEN-V Leitlinien ist jedoch ein Ausbaubedarf im Bereich der A 5, der S 7, der S 10
und S 18 ableitbar.“ siehe S30 des Papiers „Evaluierung des Bauprogramms der Zukunft in Umsetzung des Regierungsprogramms – Schlussfolgerungen“ des Klimaschutzministeriums.

Eine Lobau-Autobahn als Teil einer Ost-West Transitschneiße?

Zusätzlich zur in Nord Süd Richtung geplanten TEN Nr.25 war auch noch eine EUROPA Spange (zwischen Bratislava und Bayern – also als Ost-West Transitschneise), geplant (ohne dass dafür bereits ein genauer Trassenverlauf festgelegt worden wäre). Für diese wollte man u.a. auch eine Waldviertelautobahn bauen. Auch eine S8 Marchfeldstraße war dafür im Gespräch. Wien würde sich dann im Fadenkreuz des internationalen Schwerverkehrs wiederfinden. Beide Schwerverkehrsachsen drohen letztendlich auf einer Lobau-Autobahn zusammen zukommen. Zum Glück hat die Verkehrs- und Klimaministerin Gewessler Absagen erteilt: Die Lobau-Autobahn hat sie vorerst gestoppt (leider laufen die Genehmigungsverfahren dafür aber weiter). Für eine Waldviertelautobahn heißt das ,dass sie nicht ins Bundesstrassengesetz Anhang 2 aufgenommen wird, womit sie fürs Erste einmal nicht kommt. (Leider will die Schwarz-blaue Landesregierung von Niederösterreich nach wie vor eine Waldviertelautobahn).

Bei der S8 Marchfeldschnellstrasse ist es so, dass trotz der Willenserklärung der Ministerin das Ganze noch nicht ausgestanden ist. Die S8 West ist bereits im Bundesstrassengesetz, die S8 Ost noch nicht. Bei der S8 West gibt es u.a. durch den vom Aussterben bedrohten Triel ein Genehmigungshinderniss, weshalb das Bundesverwaltungsgericht das Projekt in die erste Instanz zurückverwiesen hat. Dieses Urteil wurde von uns gemeinsam mit der Umweltorganisation VIRUS angefochten, weil wir eine gerichtliche Ablehnung erreichen wollten. Auch die Asfinag ist in Revision gegen das Urteil gegangen sie willl nach wie vor bauen. Das Höchstgericht hat entschieden, dass die 2. Instanz (Bvwg) entscheiden muss und nicht an die erste Instanz zurückverweisen kann. Mehr dazu erfahren wir am 30.1 bei der mündlichen Verhandlung. Eine Streichung aus dem Bundesstrassen Gesetz durch eine politische Entscheidung (einfache Mehrheit im Parlament) wäre hier auch der beste Weg um dieses Wahnsinnsprojekt entlich los zu werden.

Auf dieser Grafik der Grünen gefunden in NÖN.at ist nur eine der möglichen Trassenvarianten zu sehen. Wenn eine „Waldviertel Autobahn“ gebaut würde, wäre diese ebenfalls als Teil einer „EUROPA Spange“ vorgesehen.
Aus NÖN.at: Ein möglicher Trassenkorridor einer Europaspange.

Überrollt von immer mehr LKWs. Außer, wir setzen heute einen Stopp für Autobahnbau und -planung durch. Erzwingen wir den Transitverkehr zu vermeiden und – was nicht vermeidbar ist – auf die Schiene zu verlagern! Jetzt.

Aber die Tangente ist doch so voll mit LKWs…Dieses Argument hört man sehr oft dazu sollte man aber folgendes beachten: Wie ist die Situation jetzt? Ein wichtiges Detail in diesem Zusammenhang: Die letzte Kordonuntersuchung spricht von 92% Ziel- und Quellverkehr. Das heißt diese LKWs würde man nicht los mit einer Umfahrung von Wien, weil die wollen ja nach Wien weil sie hier etwas zu tun haben, die würden nicht außen rundherum fahren. Auch bei denen die wirklich nur durchfahren wollen ist fraglich, ob die eine derartig großen Umweg wollen: Der westliche Teil dessen was die Asfinag als Umfahrungsring von Wien ausgibt geht über St. Pölten. Der östliche durch die Lobau und über Schwechat. Wer würde so einen großen Umweg fahren wenn das Nawi als geradeste, kürzeste Strecke eine A23 Südosttangente anzeigt?
Woher kommen dann die vielen ausländischen Kennzeichen auf den LKWs auf der Südosttangente, wenn das fast nur Ziel- und Quellverkehr ist? Eine beliebte Praxis zum Lohn- und Sozialdumping bei LKW Frächtern nennt sich Ausflaggen. Österreichische Frächter gründen eine Tochterfirma im – vor allem Osteuropäischen – Ausland und stellen die FahrerInnen nach dortigen Löhnen an, die wesendlich niedriger sind, als in Österreich. Sie fahren dann mit LKWs die dort angemeldet sind – und dadurch auch ein ausländisches Kennzeichen haben – in Österreich – als Ziel- und Quellverkehr – Waren herum.
Schon 2017 konnte man dazu lesen:

Fast jeder zweite LKW in der Alpenrepublik fährt mit einem osteuropäischen Kennzeichen. Dies geht aus den Ergebnissen der jüngsten, gemeinsam von den Branchenvertretern und der Gewerkschaft Vida beauftragten Studie der Wirtschaftsuniversität Wien hervor. „Dieser Anteil dürfte in den kommenden Jahren auf über 65 Prozent steigen“, prognostiziert Alexander Klacska, Bundesspartenobmann Transport und Verkehr der Wirtschaftskammer Österreich.“ dvz Artikel zum Thema Ausflaggen

Quelle: Sehr lesenswerter Artikel zur Europaspange auf meinbezirk.at
Sehr viele LKW Fahrten könnten sicher durch Lastenräder (diese können heutzutage schon bis zu 200 kg transportieren) ersetzt werden vor allem Paketdienste
!

Transport ist noch immer zu billig: Jeden 3. Kilometer legen Lkw leer zurück. Anstatt zu sinken, ist der Anteil der Leerfahrten in den letzten Jahren sogar gestiegen. Steuerbegünstigung auf Diesel abschaffen, Lkw-Maut auf allen Straßen in Österreich, Mindesmaut auf EU-Ebene sind längst überfällig!
In der Schweiz gibt es weniger Lkw-Leerfahrten als in Österreich. Mehr Kostenwahrheit wirkt: In der Schweiz wird Diesel, der Treibstoff der Lkw, nicht steuerlich begünstigt, die Lkw-Maut beinhaltet externe Kosten (zB Umwelt- & Gesundheitskosten) und gilt am gesamten Straßennetz.
Neue Autobahnen bauen um die Wegwerfgesellschaft noch mehr anzuheizen? Nein Danke! Hier eine gute Grafik dazu, die eigenlich an der Basis noch durch „Verzichte auf Konsum von Gütern und Waren, die du eigentlich gar nicht wirklich brauchst und befreie dich so von unnötigem Plunder“ ergänzt werden sollte.