Immer wieder werden wir gefragt, ob wir einer Querung von Lobau und Donau in Brückenform statt dem geplanten zweiröhrigen Tunnelsystem „Tunnel Donau Lobau“ zustimmen würden. Die Antwort ist Nein!
Verkehr: Auch eine Brücke wäre Verlängerung der TEN Nr. 25 Priority Axis, d.h. eine internationale Schwerverkehrsachse zwischen Gdansk und Wien bzw. weiter Richtung Mittelmeer. Beides würde die vorhandenen Verkehrsprobleme nur verschärfen statt sie zu verbessern. Zahlreiche Studien belegen, dass mehr und großzügiger ausgebaute Straßen auch mehr Verkehr verursachen. Das bestätigt auch die Asfinag selbst in ihrem Blog (vergleiche unseren Artikel Belastung statt Entlastung durch eine Lobau-Autobahn). Dieses Problem wäre bei Tunnel und bei Brücke gleich.
Die Abgase und Treibhausgase sind in beiden Fällen ein Riesenproblem. Einzig beim Lärm schneidet die Tunnelversion besser ab aber auch nur in den 8,5 km in Tunnellage, die restliche, offene Strecke würde die, jetzt relativ leisen, Gebiete an der Stadtgrenze im Nord Osten Wiens massiv lauter machen. Eine Brücke würde – ähnlich wie die Praterbrücke der A23 den Prater bis zum Wustelprater verlärmt – die Lobau verlärmen. Je nach Windrichtung und Witterungsverhältnissen, mal die eine, mal die andere Seite mehr. Der Wert der Lobau als Freizeit- und Erholungsgebiet wäre damit stark vermindert.
Eine Brücke durch den Nationalpark wäre mit den Zielen des Nationalparks vor allem mit Vogel- und Insektenschutz unvereinbar. Die Lobau ist ein wichtiges Schutzgebiet. Wir fürchten die Aberkennung des Nationalparkstatus durch die International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN). Wenn dieser Schutzstatus erst fällt, würde das eine „schiefe Ebene“ öffnen: Zahlreiche andere Begehrlichkeiten, die jetzt nur durch den Schutzstatus aufgehalten werden, könnten dann umso rabiater auf Umsetzung durch Änderungen der Flächenwidmung und alle möglichen Arten von „Ausnahmeregelungen“ drängen: Wohnbau, Industrieansiedelung usw. würden den Nationalpark Stück für Stück zerstören. Das darf nicht geschehen!
Die Wahl zwischen Tunnel und Brücke ist wie eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Eine solche Wahl sollte man schlichtweg ablehnen. Deshalb: Nein zur Lobau-Autobahn egal, ob als Tunnel oder als Brücke!
Eine vergleichbare Donaubrücke, die umgesetzt wurde, kann man sich in Traismauer (NÖ) ansehen:
Sehenswert war auch die massive Zerstörung, die dafür stattgefunden hat:
Bei der gerodeten Fläche handelt es sich um Europäisches Vogelschutz-Gebiet, es ist zur
Gänze Natura2000-Gebiet, davon allein sind zwölf Hektar „prioritäre Lebensräume“.
Hier drei Luftaufnahmen von den Kahlschlägen, die die Asfinag für den Bau dieser Brücke duchführen ließ.
In der schriftlichen Zusammenfassung von 6 Jahren Bürgerinitiative „Stop.Transit.Brücke“ aus dem die drei Luftaufnahmen entnommen sind, findet sich auch eine Langversion der Auflistung der rote Liste Arten die dort gelebt hatten. Karin Kuna, die Sprecherin der BürgerInitiative, mit der wir in engem Kontakt waren, schildert den Alptraum Autobahnbau aus ihrer Sicht. Wie – haben wir sie gefragt – ist es möglich, dass in einem NATURA 2000 Gebiet eine 17m hohe Stelzenautobahn durchsetzbar war? Die Behörden argumentierten so: Weil auf einer Autobahn weniger Unfälle passieren würden, als auf einer Bundesstrasse, sei die S33 Kremser Schnellstrasse Donaubrücke Traismauer in „öffentlichem Interesse“. Mit dieser „Argumentation“ könnte man allerdings in jedem, noch so sehr geschützen, Gebiet eine Autobahn bauen. Wenn man das zu Ende denkt, ist ein Schutzstatus in Österreich nichts mehr wert.
Bei der Lobau wird von der Behörde argumentiert, diese wäre umweltverträglich, weil sie unterirdisch geplant wäre. Wir vertreten die Auffassung, gestützt auf ein Naturschutzgutachten von Dipl. Ing. Christian Schuhböck, dass der Nationalpark nicht an der Erdoberfläche endet, sondern auch im Untergrund weitergeht. Jede Beeinträchtigung desselben beeinträchtigt die Au. Gerade das Grundwasser ist hier von zentraler Bedeutung.
Donau-Querung, Lobau-Tunnel, Stadt-Strasse: Schönsprech, um das drohende Autobahngeschwür und seine Metastasen zu verharmlosen
Übertreibung? Mitnichten. Sprache schafft Bewußtsein und soll auch bewußt eingesetzt werden, um die richtigen Bilder im Kopf zu erzeugen. Mit dieser drastischen Überschrift wollen wir uns den manipulativen Namensgebungen der Autobahnlobby, die von viel zu Vielen gedankenlos übernommen werden, entgegenstellen.
In den Medien wird immer nur von einem “Lobau-Tunnel” gesprochen. Damit sagt man aber im wahrsten Sinne des Wortes nur die Hälfte: Die “S1 Süßenbrunn bis Schwechat”, so oder offizielle Namen der 19 km langen Autobahn, wäre nur zur Hälfte in Tunnellage. Da, wo sie unter der Donau und unter der Lobau durch geht.
Die andere Hälfte ist nicht in Tunnellage geplant. Sie würde – an der Stadtgrenze entlang – den ganzen Nordosten von Wien einsperren und mit Verkehrslärm zudröhnen. Und: Ein Lobau-Tunnel (offizieller Name “Tunnel Donau Lobau”) ist nicht nur EINE Tunnelröhre. Sondern zwei, mit jeweils 15 Meter Durchmesser, mit denen die Asfinag das Nationalpark Gebiet an der breitesten Stelle durchstoßen will.
Weil sich das PR mäßig nicht so gut vermarkten läßt, benutzt die Autofahrerlobby deshalb am liebsten die Bezeichnung “6. Donauquerung”. Damit will sie nicht nur den Nationalpark, dem durch die Autobahn die Nationalparkstatus Aberkennung droht, aus dem Fokus der Öffentlichkeit nehmen. Sondern sie suggeriert auch, dass nur vom motorisierten Individualverkehr (MIV) benutzbare Donauquerungen zählen.
In Wien existieren aber bereits 11 Donauquerungen. Eine Lobau-Autobahn als 12.Donauquerung würde die Gesamtverkehrskapazität nur um 6,2% steigern (FVV, 2015). Verkehr ist nämlich nicht nur PKW-, LKW und Motorradverkehr sondern die Gesamtheit von Öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn, Bim, Bus) und aktiver Mobilität (Zu Fußgehen, Radfahren, Scooter, Lastenräder) und MIV.
Wir werden diesen verharmlosenden Bezeichnungen nicht folgen und deshalb von einer S1 als Lobau-Autobahn sprechen. Diese ist von der durch Klima- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler in Auftrag gegebenen Evaluierung der Autobahnprojekte des Bundes fürs Erste abgesagt worden. Aber leider noch lange nicht ganz verhindert. Genauso, wie die mit diesem Geschwür zusammenhängenden Metastasen, verharmlosend als Autobahnabschnitte bezeichnet. Jedes Stück das in die Landschaft wächst erhöht den Druck für das nächste. Dann wird ein “Lückenschluss” gefordert. Wie wenn die – rasant weniger werdenden – unverbauten Natur- und Erholungsräume eine Lücke wären.