Die Grafik zeigt: Gerade beim Verkehr ist der Treibhausgas Reduktionsbedarf gewaltig, wenn Österreich seine Ziele einhalten will!
Österreich hat als Ziel 2030 mit 15,7 Millionen Tonnen CO2 nicht einmal eine Reduktion zu 1990 geplant (damals betrug der CO2-Ausstoß 13,8 Mio. t). Aber auch wenn dieses – nicht sehr engagierte – Ziel erreicht werden soll, müssen wir raschest mit einer Trendwende beginnen.
Denn die CO2-Emissionen im Verkehrssektor steigen und steigen:
2016: 23,0 Mio. t CO2
2017: 23,7 Mio t CO2
2018: 23,9 Mio. t CO2
2019: 24,0 Mio. t CO2
Wann beginnt die Trendwende in Richtung 15,7 Mio. t? (Zielwert 2030)
„Was die Erreichung der Klimaziele betrifft, stellt der Rechnungshof Österreich in seinem Bericht “ Klimaschutz in Österreich – Maßnahmen und Zielerreichung 2020 “ kein gutes Zeugnis aus, dessen Prüfzeitraum die Jahre 2015 bis 2019 umfasste. Aus dem Bericht geht hervor, dass sich die Treibhausgas-Emissionen hierzulande zwischen 1990 und 2017 um fünf Prozent erhöhten, während sie sich im EU-Schnitt um nahezu ein Viertel reduzierten. Damit sei Österreich einer von sechs EU-Staaten, die in diesem Zeitraum die Treibhausgas-Emissionen nicht reduzierten. Zudem überschritt Österreich 2017 erstmals die im Klimaschutzgesetz vorgesehene Emissions-Höchstmenge.(..) Dem Rechnungshof zufolge könnte Österreich aus heutiger Sicht auch die EU-Klimaziele für 2030 deutlich verfehlen. Infolge dessen sei mit Kompensationszahlungen für den Ankauf von Emissionszertifikaten von bis zu 9,2 Mrd. € zu rechnen. Hier empfiehlt der Rechnungshof, eine zeitgerechte Strategie für den Ankauf von Emissionszertifikaten zu entwickeln. Solche Strafzahlungen müssten allerdings vermieden werden, unterstrich Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker gegenüber den Abgeordneten. Darüber hinaus hätten die Folgen des Klimawandels auch volkswirtschaftliche Auswirkungen. Die wetter- und klimabedingten Kosten der Klimaerwärmung würden in Österreich derzeit bei durchschnittlich einer Milliarde Euro pro Jahr liegen. Bis Mitte des Jahrhunderts könnten die gesellschaftlichen Schäden mit 4,2 Mrd. € bis 5,2 Mrd. € pro Jahr zu beziffern sein. Bei einer stärkeren Temperatursteigerung könnte sich dieser Betrag auf 8,8 Mrd. € erhöhen.“ (aus: Presseaussendung der Parlamentsdirektion zum Rechnungshofausschuss vom 11.5.2021)
Lobau-Autobahn & Co. gefährden Klimaziele!
Wien (OTS) – Wien, am 24.09.2019 (VIRUS). In einer gemeinsamen Pressekonferenz zogen die Umweltorganisation VIRUS und die Bürgerinitiative „Rettet die Lobau“ mit Rechtsanwalt Dr. Heinrich Vana Bilanz über die Klimawirkung der S1-Lobauautobahn und ihrer Satellitenprojekte und den derzeitigen Stand der mittlerweile schwer überblickbaren Genehmigungsverfahren.
S1 bedeutet 60% mehr Treibhausgasemissionen
Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation VIRUS, UVP-Koordinator für die Vertreter der Umwelt im Verfahren, wies eingangs auf die Klimawirksamkeit des Projekts hin: „Nach den vorgelegten Berechnungen der Asfinag steht die S1 für ein Szenario mit Zunahme der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen im Untersuchungsgebiet von 60%. Dies entspricht rund 0,7% der österreichischen Treibhausgasemissionen, was die Asfinag in unpassenden Vergleichen schönzurechnen versucht. Das ist viel für ein Einzelprojekt und mit einem Klimakurs völlig unvereinbar!“. Die Satellitenprojekte S8, S1 Spange, Stadtstraße Aspern zeigten ein ähnliches Bild, die Werte seien aber nicht aufsummierbar, eine Bilanz für das gesamte Neubauprogramm existiere nicht. Jedenfalls gehe vom Lobautunnel und den anderen Projekten des Neubauprogramms aufgrund der Generierung von Neuverkehr die Gefahr aus, die Wirksamkeit derzeit ohnehin noch nicht ausreichend auf den Weg gebrachter Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich zu konterkarieren.
Keine Verkehrsentlastung durch S1 und Lobautunnel
Jutta Matysek von der BI Rettet die Lobau Natur statt Beton wies auf die fortgesetzte Täuschung bei der verkehrlichen Wirkung des Lobautunnels hin. „Es ist völlig unseriös, dass seit Jahren Politiker bis in den aktuellen Wahlkampf hinein faktenwidrig dem Projekt eine verkehrsentlastende Wirkung zuschreiben. Dabei ist bezeichnend, dass nicht einmal die Projektunterlagen der Asfinag eine derartige Entlastung für die wesentlichen Straßenzüge hergeben. Offenbar macht sich niemand die Mühe dort hineinzuschauen.“
Gegenüber dem Bestand seien insgesamt und insbesondere für Südosttangente und Hauptdurchzugsstraßen wie die Esslinger Hauptstraße Zunahmen zu verzeichnen. Dort wo zur projektierten Inbetriebnahme 2025 Reduktionen ausgewiesen werden – nur gegenüber hypothetisch hochgerechneten Planfällen ohne S1- werde dies innerhalb kurzer Zeit wieder ausgeglichen. Der Lobautunnel werde weiters bereits 2035 überlastet sein und im Schnitt eine Stunde/Werktag Stau aufweisen.
Revision beim VwGH ist anhängig
Dr. Heinrich Vana von der Rechtsanwaltskanzlei Breitenecker-Kolbitsch-Vana verwies auf die Anfang des Jahres eingebrachte Revision beim Verwaltungsgerichtshof und wies auf die möglichen Rechtsfolgen hin: „Ich gehe davon aus, dass wir einige gute Argumente in den Bereichen Lärmschutz, Hydrogeologie, Verletzung von Verfahrensschritten und Parteienrechten vorgebracht haben, die ausreichen, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom Mai 2018, mit denen dieses verschärfte Auflagen erteilt, aber die Umweltverträglichkeit weiter bestätigt hat, aufzuheben. In diesem Fall würde die UVP-Genehmigung ihre Rechtskraft verlieren und das BVwG sich erneut damit zu beschäftigen haben.“
Auch wenn der VwGH das BVwG-Erkenntnis, das voreilig als „Grünes Licht“ für das Projekt interpretiert worden war, bestätige, seien noch Verfahren nach den Naturschutz- bzw. Nationalparkgesetzen sowie dem Wasserrechtsgesetz für die Länder Wien und Niederösterreich erforderlich.
Zehn weitere erforderliche Genehmigungsverfahren verspätet eingereicht
Die Zahl dieser so genannten Materienverfahren habe sich durch unzulässige getrennte Einreichungen für den Nordabschnitt und weitere Stückelungen auf mittlerweile zehn erhöht. Für den Nordabschnitt seien sie ersten beiden Naturschutzverfahren auf dem Weg zum Bundesverwaltungsgericht. Die versuchte erneute Vorverlegung eines Baubeginns für diesen Abschnitt durch den neuen Asfinag-Vorstand Hufnagl auf 2019 sei obsolet, dies nicht vor 2020 oder später möglich. „Auch die sechs Verfahren für den Lobautunnel- Abschnitt sind aufgrund verspäteter Einreichung und mangelhafter Unterlagen weit hinten nach“, so Rehm.
Satellitenprojekte weit von Umsetzung entfernt- S8 besonders fraglich
Ein ähnliches Bild zeige sich bei den Satellitenprojekten, die mit der S1-Lobauautobahn verknüpft wurden:
„Die UVP für die S8-Marchfeldschnellstraße ist nach acht Jahren beim Bmvit beim BVwG gelandet und dort im Anfangsstadium, die Materienverfahren noch nicht eingereicht. Die so genannte „S1 Spange Seestadt“ mit dem abgetrennten zur Stadt Wien gewanderten Flaschenhals zur A23 in Form der „Stadtstraße-Aspern“ ist ebenfalls beim BVwG anhängig. Die letztere wird vom 1. bis 4. Oktober mündlich verhandelt, die hinterherhinkende Spange nach vorliegenden Informationen frühestens Ende November. Dort ist das Naturschutzverfahren NÖ ebenfalls beim BVwG, die Wiener MA22 hat dafür noch nicht einmal mit der Öffentlichkeitsbeteiligung begonnen“, erläutert Rehm.
Für die Stadtstraße, deren UVP ohne weitere Materienverfahren konzentriert durchgeführt werde, seien insbesondere bei Luftschadstoffen und Lärmschutz viele Fragen offen und fehlten Unterlagen. „Das Projekt ist derzeit nicht bis zur Entscheidungsreife verhandelbar. Sollte das Ermittlungsverfahren dennoch vorzeitig geschlossen werden, werden weitere Schritte zu prüfen sein. Eine Verhandlung darf nicht mit dem Verfahren insgesamt verwechselt werden und es ist darauf hinzuweisen, dass jedenfalls noch die gerichtliche Entscheidung auszuarbeiten sein wird und in weiterer Folge das Projekt ohne die S1-Spange in der Luft hängt“, so Rehm.
Klimaschutz in der UVP verankern, Autobahnneubau absagen
Kritikwürdig sei, dass der Klimaschutz in der UVP keine Bedeutung habe. Nach wie vor fehle es an entsprechenden Genehmigungskriterien, noch nicht einmal Kompensationsauflagen seien mit der dringend reformierbaren Rechtslage möglich. Da das Instrument UVP hier versage, brauchte es umso mehr dringend eine politische Lösung. „Der Weiterbau ist keine Option. Jetzt ist die Zeit für eine politische Lösung und Umkehr in einer für den Erfolg der Klimaschutzbemühungen im so zentralen Verkehrsbereich entscheidenden Frage gekommen“ so Matysek und Rehm unisono.
Greenpeace, Fridays for Future Vienna und das Klimavolksbegehren sehen als wichtigsten Hebel für effektiven Klimaschutz in Wien den Verkehr. Sie fordern deshalb „den Ausbau von Öffis, Rad- und Fußwegen, das Aus für den Lobau-Tunnel und die dritte Flughafenpiste sowie eine „Autofreie Innenstadt“.“ aus: Presseaussendung vom 15.10.2020
Öffi fahren – CO2 sparen: Pro Personenkilometer verursachen Verbrenner-Pkw im Schnitt 16 x so viel CO2 wie Bahnfahren, Inlandsflüge sogar 55 mal so viel. (Grafik: VCÖ)
Würden die LKW Frächter verkehrsrechtlich verpflichtet, die geltenden Höchstgeschwindigkeit auf Österreichs Autobahnen wirklich einzuhalten, könnte ein massives Einsparungspotential von knapp 200.000 Tonnen CO2 realisiert werden weißt eine AK Studie nach.