Verkehrswissenschafter Dr. Knoflacher und Biologe Dr. Lötsch warnen: Es drohenden Massenbaumfällungen entlang des Donaukanals bzw. der A4 Flughafenautobahn: Im Zuge einer Sanierung der Autobahn plant die Asfinag einen rücksichtslosen Ausbau, um eine weitere Spur hinzugefügten. Diese soll fürs Erste als überdimensionierter Pannenstreifen dienen, ist aber – einmal errichtet – in weiterer Folge leicht zu einer normalen Fahrspur änderbar. Der Verkehr würde dadurch massiv zunehmen. Wir sehen in dieser Kapazitätserweiterung eine Vorleistung für eine Lobau-Autobahn und fordern stattdessen im Sinne des Klimaschutzes die Sanierung für einen Rückbau der Autobahn zu nutzen.
Ein sehr sehenswertes Kurzvideo von Momentum.at zu den drohenden Baumfällungen:
Unsere Presseaussendung:
Geleakt: Massenbaumfällungen für A4 Verbreiterung drohen!
Unterstützt von Verkehrsforscher Dr. Hermann Knoflacher und Biologen Dr. Bernd Lötsch und dem Wiener Naturschutzbund prangern die Umweltinitiative Wienerwald und die BI Rettet die Lobau die geplante Grünraum Zerstörung und Massenbaumfällungen entlang des Donaukanals und der A4 an. Eine Sanierung der Flughafenautobahn darf nicht zu einer Spurerweiterung ohne Umweltverträglichkeitsprüfung missbraucht werden. Sie fordern im Rahmen eines Pressegespräches in den Räumlichkeiten des Naturschutzbundes eine Änderung der Baupläne mit Verhältnismäßigkeit, Boden-, Baum- und Artenschutz sowie Erhalt des Donauradweges.
Wien, 24.1.2024 (Wien/NÖ)
Zwischen Knoten Prater und Knoten Schwechat plant die Asfinag eine Sanierung der A4 Flughafenautobahn. Gegen diese wäre prinzipiell Nichts einzuwenden. Aber die Asfinag will diese – gemäß ihren Bauplänen, die die Umweltseite anonym zugespielt bekommen hat – hier für Grünraumvernichtung im großen Stil nutzen.
Die Asfinag will hier – mit Duldung der Stadt Wien – eine weitere Fahrspur errichten. Dafür ist normalerweise eine Umweltverträglichkeitsprüfung Pflicht. Da die Asfinag aber die zusätzliche Fahrspur während der Sanierung als Ausweichspur und nachher, vorerst als völlig überdimensionierten Pannenstreifen nutzen will und die Länge des betroffene Autobahnteilstück knapp unter der UVP pflicht bemessen wurde, glaubt man sich des lästigen Verfahrens (inkl. BürgerInnenbeteiligung) entledigen zu können. Ist der Grünraum zerstört und der zusätzliche Betonstreifen erst einmal da, ist eine Umwidmung zu einer regulären Fahrspur dann ohne viel baulichen Aufwand oder Genehmigungshindernisse möglich.
Klaus Wechselberger von der Umweltinitiative Wienerwald: „Man versucht hier die Zerstörungspläne vor der Bevölkerung geheim zu halten. Trotz fundierter Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) bei der zuständigen Verkehrsstadträtin der Stadt Wien und schriftlicher Anfrage bei den betroffenen Bezirken (2.,3., 11,) wurden Auskünfte unzureichend beantwortet oder als nicht relevant für das behördliche Verfahren dargestellt oder sogar Unwissenheit über Projektpläne vorgegeben. Damit wurden Möglichkeiten in Projektunterlagen dieses Wahnsinnsprojektes einzusehen bislang verhindert.“ Und diese Straßenerweiterungspläne haben es in sich: Es droht ab Herbst 2024 die Fällung von 1.347 Bäumen, entlang von 6,8 km Autobahn. Und damit vor allem entlang des – als Kaltluftschneise – so wichtigen, dicht bewachsen Donaukanals.
Um während der Sanierungsphase für die Autofahrenden permanent den Luxus von 2 ohne jegliche Einschränkung befahrbaren Spuren zu garantieren ist die Vernichtung von Vegetationsflächen und kostbaren Lebensräumen für seltene und geschützte Arten geplant. Diese Vorgabe kommt – genauso wie die temporäre und dauerhafte Grundabtretung – von der Gemeinde Wien. Mindestens die erste Baumreihe soll dafür geopfert werden, der beliebte Donauradweg zerstört und Monate später erst – deutlich verschmälert – wiedererrichtet werden.
Die vom Aussterben bedrohten Zauneidechsen, die hier heimisch sind sollen abgefangen und zu zweifelhaften Ersatzlebensräumen umgesiedelt werden Auch geschützte Vogelarten, besonders von den Baumfällungen und Entfernung von beerentragenden Nahrungssträuchern stark beeinträchtigt. Der Verlust von Wiesenflächen führt zu Insektenreduktion (Schmetterlinge, Heuschrecken, Käfer, u.a.) und kann nicht durch Ersatzflächen wettgemacht werden (bestehende Flächen anderswo werden einfach umdefiniert). Alles ist eine Folge der überzogenen Autobahnbaustellen-Flächeninanspruchnahme und Beharrung auf 2 spurigem Autobahnbetrieb während der gesamten „Sanierungsphase“.
Der Donaukanal ist ein wichtiges Naherholungsgebiet gerade für wenig begüterte Menschen die dort gerne radfahren oder zu Fuß gehen. Die über Monate dauernde Großbaustelle mit Massenbaumfällungen und vor allem die permanente Spurerweiterung würden dieses massiv abwerten. Die Bedeutung von Bäumen für das städtische Klima und für das Stadtumland ist allgemein bekannt. Neben Wasserspeicherung über Wurzelsysteme, bei günstiger Bodenstruktur und Photosynthese tagsüber sind in Gewässerbereichsnähe besonders die Pappelbestände (Schwarz-, Silber- und Graupappeln) entlang der Erdberger- und Simmeringer Lände, so wie auch andere Bäume, wichtige Kohlenstoffspeicher.
Besonders an heißen Sommertagen kommt der Kühlungseffekt durch Verdunstung und Beschattung der hier angesprochenen Bäume zum Tragen (durch entsprechende Vergleichsmessungen leicht zu belegen). Ein durchgängiger Windschutz durch große Bäume bei entsprechendem Sicherheitsabstand bei Bruchgefahr (klassische Baumlänge, etwa 20-25 Meter) ist bei sonst offener Autobahnführung ebenso günstig (Auffangen von Seitenwindspitzen).
Jutta Matysek von der BI Rettet die Lobau – Natur statt Beton sieht in diesem überdimensionierten A4-Ausbau eine heimliche bauliche Vorbereitung einer S1 Lobau-Autobahn, zu der – obwohl von der Grünen Ministerin Gewessler gestoppt – die Asfinag nach wie vor die Genehmigungsverfahren weiter treibt. „Es ist kein Zufall, wenn die Asfinag die A4 Sanierung genau bis vor den Knoten Schwechat plant, wo sie eine Lobau Autobahn hineinpressen will.
Auf der A4 fährt als Flughafenzubringerautobahn und als Teil des TEN-V-Kernstraßennetzes schon jetzt zuviel Verkehr. Jeder weitere Ausbau würde einen Anreiz schaffen noch mehr Personen/Waren mit Auto/LKW/Flugzeug zu transportieren und wiederspricht den Mobilitäts- und Klimazielen Österreichs und Wiens.“
Die betroffenen Wiener Bezirke Erdberg, Leopoldstadt und Simmering wurden wahrscheinlich mit dem Hinweis auf bis zu 8 Meter hohe Lärmschutzwände und einem angekündigten Verkehrschaos ruhig gestellt. Daher haben beiden erstgenannten Bezirke den Baumfällungen in ihrem Geschäftsbereich zugestimmt. Für Simmeringer Lände, Erdberger Lände und Abschnitt Kaiserebersdorf wurde noch kein endgültiger Fällungsbescheid erteilt, womöglich weil hier die größte Anzahl der Bäume (in Kaiserebersdorf besonders viele Robinien, Ölweiden und Walnussbäume – inzwischen als unerwünschte Baumarten, weil „Neu-Zuwanderer“(Neophyten) stehen und hier eine Umsiedelung der Zauneidechsen und (vermuteten) Wechselkröten stattfinden soll. Über im Projektgebiet vorkommende Tierarten gibt es 2 Heuschreckenstudien, Schmetterlingserhebungen, Leuchtkäferkarte (Umweltberatung Wien), Vogelbeobachtungen (Birdlife). Bezüglich Fledermäuse wurden an einigen Stellen „Umsiedlungsquartiere“montiert, die aber gepflegt werden müssen gegenüber natürlichen Baumhöhlen. Erhebungen und Bescheiderstellung zur Freigabe für den Projektwerber sind nach bisherigen Informationen bei der MA 22 noch nicht abgeschlossen. Eigene naturkundliche Dokumentationen (Fotos, Filmaufnahmen) werden weiter betrieben.
Die Initiativen fordern unisono:
+Keine Spurerweiterung auf der A4 weder als Pannenstreifen noch als Baustellenausweichspur und schon gar nicht als reguläre Fahrspur! Bäume erhalten statt fällen!
+Naturschutz und Artenschutz statt Lebensraumzerstörung!
+Veröffentlichung der gesammten Projektunterlagen und Stellungsnahmemöglichkeit für Experten, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen. Durchführung einer SUP (Strategische Umweltprüfung) um alternative Mobilitätslösungen für das Gebiet – eingebettet in größerem Kontext – gesucht werden können.
Zahlen:
Maximale Anzahl der Bäume (gem. Wiener Baumschutzgesetz) denen für diese A4 Sanierung die Fällung droht:
2.Bez: 38
3.Bez: 62
11.Bez: 1168
Gesamt 1.347
(Anmerkung: Die ASFINAG spricht in einem Schreiben von 290 Baumfällungen ohne diese zu verorten).
Achtung: Obstbäume gelten nicht als Bäume nach Wr. Baumschutzgesetz werden also gefällt ohne sie mitzuzählen.
Hinzu kommt 1,4 ha Rodungsfläche davon 1,3 ha temporär (Wald- oder Parklandschaft ebenfalls bewaldet, wo Bäume aber nicht einzeln abgezählt werden) dort soll 1:1 aufgeforstet werden
Dem stehen als Ersatz gegenüber: Anlage von Wiesenbiotopen 3200m2 und mindestens 2700 Einzelbäume (gem. wr. Baumschutzgesetz 8 – 15cm Stammumfang) und 7000 Bäume und Sträucher.
Die Frage wieviel Bodenverbrauch durch das Projekt in Anspruch genommen werden wurde bei unserer UIG Anfrage nicht beantwortet. „Mangels vorhandener Daten darf die Beantwortung dieser Frage unterbleiben“ (Stadt Wien O-Ton)
Aktuelle Fotos als Illustrationsmaterial können wir gerne zum einmaligen Abdruck kostenfrei zur Verfügung stellen.
Liste der Tiere, die auf den von der Zerstörung bedrohten Flächen leben:
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit!
Art (deutsch) Art (wissenschaflich) Anzahl der Beobachtungen
Die in fett geschriebenen sind prioritär bedeutende, streng geschützte Arten
Admiral Vanessa atalanta 589 D
Aurorafalter Anthocharis cardamines 344
Alexis-Bläuling Glaucopsyche alexis 88
Faulbaum-Bläuling Celastrina argiolus 312 C
Hauhechel-Bläuling Polyommatus icarus 1556
Kurzschwänziger Bläuling Cupido argiades 389 C
Zwerg-Bläuling Cupido minimus
C-Falter Polygonia c-album 378 D
Distelfalter Vanessa cardui 484 D
Brauner Feuerfalter Lycaena tityrus 231 C
306 A
Kleiner Feuerfalter Lycaena phlaeas 61
Grünader-Weißling Pieris napi 1407
Kaisermantel Argynnis paphia 692 C
Großer Kohl-Weißling Pieris brassicae 373 D
Kleiner Kohl-Weißling Pieris rapae 1744 D
Landkärtchen Araschnia levana 173 C
Magerrasen-Perlmutterfalter Boloria dia 310
Mauerfuchs Lasiommata megera 526 C
Großes Ochsenauge Maniola jurtina 1465 D
Kleiner Perlmutterfalter Issoria lathonia 280
Rostfarbiger Dickkopffalter Ochlodes sylvanus 598
Schachbrett Melanargia galathea 718 D
Schornsteinfeger Aphantopus hyperantus 487 D
Schwalbenschwanz Papilio machaon 257 C
Schwarzkolbiger Braun-Dickkopffalter Thymelicus lineola 368 C
Segelfalter Iphiclides podalirius 561 A
Tagpfauenauge Inachis io 897 D
Trauermantel Nymphalis antiopa 14
Waldbrettspiel Pararge aegeria 656 D
Weißklee-Gelbling Colias hyale 186 C
Kleines Wiesenvögelchen Coenonympha pamphilus 1114 D
Rotbraunes Wiesenvögelchen Coenonympha glycerion 367 C
Zitronenfalter Gonepteryx rhamni 347
Zweifarbfledermaus Vespertilio murinus
Großes Mausohr / Kleines Mausohr Myotis myotis oder Myotis oxygnathus A A
Alpenfledermaus /
Weißrandfledermaus
Breitflügelfledermaus
Großer Abendsegler
Mückenfledermaus A
Rothautfledermaus
Zwergfledermaus
Abendseglerfledermäuse /
Quelle: Umweltgutseite der Stadt Wien
Gartenspitzmaus C
Waldspitzmaus C
Würfelnatter A
Zauneidechse A
Springfrosch A
Laubfrosch A
Wechselkröte A
Gottesanbeterin B
Graue Beißschrecke B
Kleine Beißschrecke B
Langflügelige Schwertschrecke B
Italienische Schönschrecke B
Grüne Strandschrecke B
Wiener Schnirkelschnecke A
Kartauserschnecke B
Flusskugelmuscheln A
Quelle: Umweltschutz und Natuschutzseite der Stadt Wien, Leitlinien Simmering Naturschutzziele Anhang Tier und Pflanzentabellen.
Eine weitere Liste mit seltenen/geschützten Pflanzen und Pilzarten die im Projektgebiet heimisch sind ist in Arbeit bitte um etwas Geduld.