Gemeinsam mit Fridays for Future demonstrierten wir diesen Freitag um 9 Uhr früh erneut gegen eine Lobau-Autobahn und für eine zukunftsfähige Klima- und Mobilitätspolitik:
Hier die Presseaussendung von Fridays for Future:
Fridays For Future für Vorwärts- statt Rückwärtsgang im Klimaschutz
Wien, 3.10.2025 – Am Freitag um 09:00 Uhr riefen Fridays For Future, die Katholische Aktion Österreich, Katholische Jungschar, Katholische Jugend Österreich und Lobau Bleibt bei einer gemeinsamen Aktion vor dem Parlament zu einer verantwortungsvollen Klimapolitik auf. Kritik am Rückwärtsgang in puncto Klimaschutz wurde laut.
Die Organisator*innen der Kundgebung wollen zusammen unterstreichen, dass es mehr als fehl am Platz ist, in Zeiten einer eskalierenden Klimakrise politisch den Rückwärtsgang einzuschalten. Kürzlich rief die deutsche Gesellschaft für Meteorologie zu raschem Handeln im Klimaschutz auf. Ihr Anlass war die drohende Erderhitzung um 3 Grad bis 2050, wenn keine angemessenen Anpassungsmaßnahmen getroffen werden. Österreichs Reaktion sorgt für heftige Kritik, denn nur wenig später wurden Autobahnprojekte in der Lobau und in der Steiermark verkündet, während Tickets für Züge teurer und ganze Strecken eingestellt werden.
“Angesichts der Klimakrise, die immer schlimmer wird, gibt es massiven Handlungsbedarf. Stattdessen legt die Regierung in vollem Tempo den Rückwärtsgang ein und zementiert mit fossiler Politik aus dem letzten Jahrtausend. Jeder Euro, der in die Fortsetzung eines Desasters, wie die Lobauautobahn, fließt, gleicht einer Absage an die Zukunft junger Menschen. Milliarden, die wir nicht haben, fließen in ein Zementgrab. Darin wird dieKlimagerechtigkeit gleich mit begraben”, so Laila Kriechbaum, SprecherinFridays For Future.
Ende letzter Woche verkündete Verkehrsminister Hanke, der Lobau-Tunnel solle gebaut werden. Nachdem 2021 erneut die Fortsetzung des Projekts aus den 70ern verhindert wurde, soll das Milliardenprojekt in die konkrete Umsetzung kommen. Verschiedene Gutachten heben vor allem negative Aspekte des Tunnelbaus hervor (Speckgürtelentwicklung, erhöhte Emissionen, vermehrter Transitverkehr) und nicht zuletzt deswegen gab es in der Vergangenheit schon Proteste von Umweltorganisationen und der Bevölkerung vor Ort.
Bereits letzten Freitag war Fridays For Future gemeinsam mit LobauBleibt und den Umwelt NGOs in einer Spontan-Demo vor dem Verkehrsministerium erneut gegen den Ausbau der Nord-Ost-Umfahrung laut geworden. Danach ging es weiter mit dem geplanten Protest gegen die fast 6 Milliarden Euro Strafzahlungen, die Österreich 2030 bei Verfehlung der Klimaziele drohen.
Am 10. Oktober plant die Klimabewegung daher eine Großdemonstration mit Start um 15:00 in Wien Mitte und rief heute erneut zur Beteiligung am Protest auf.
“Anstatt in Klimaschutz zu investieren, entscheidet sich die Politik immer wieder zugunsten fossiler Großprojekte, die eigentlich der Vergangenheit angehören sollten. Seite an Seite mit Organisationen und Menschen, die sich ebenfalls eine lebenswerte Zukunft einsetzen, lassen wir nicht locker, bis es dafür die richtigen Rahmenbedingungen gibt. Wir alle haben schließlich echten Klimaschutz verdient. Gemeinsam bleiben wir stabil fürs Klima! Besonders auch am 10.10., wenn der nächste Klimastreik stattfindet.” sagt Rafael Haigermoser Vorsitzender der Katholischen Jugend Österreich.
Sehr lesenswert ist die Presseaussendung der Umweltorganisation VIRUS vom 02.10.2025:
OTS0070
VIRUS zu S1 Lobautunnel: Hanke sabotiert gebotene Strategische Umweltprüfung durch deren Einstellung
Umweltorganisation prüft rechtliche Schritte gegen Bundesminister
Wien (OTS) –
Wie die Umweltorganisation VIRUS mitteilt, enthält die Homepage des BMIMI seit Kurzem ohne weitere Begründung den Hinweis, dass die laufende Strategische Umweltprüfung zur S1 eingestellt worden sei – stillschweigend und ohne jede öffentliche Verlautbarung. „Sprecher Wolfgang Rehm „Durch diesen Selbstfaller des Ministers steht die S1 wieder gänzlich ohne die historisch versäumte SUP da und kann weiters davon ausgegangen werden, dass es sich um eine neuerliche rechtswidrige Umgehung von EU Recht handelt. Wir werden jetzt alle rechtlichen Schritte prüfen die geeignet sind, gegen diesen Rechtsverstoß des Bundesministers vorzugehen“.
Dass der Minister aus Unwissenheit gehandelt habe, sei auszuschließen, sei ihm doch von VIRUS das kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellte Rechtsgutachten, das die Frage seines rechtskonformen Entscheidungsspielraums und der Umgehungsverbote behandelt, übermittelt worden. „Die Kommunikation des Bundesministers im Rahmen seiner Pressekonferenz am 25.9.2025 sowie in der jüngsten Ausgabe des Standard stützen unseren Eindruck, dass es sich um einen pflichtvergessenen ideologiegetriebenen Willkürakt handelt und dass Hanke in freihändiger Entscheidung ohne ausreichende Grundlage gehandelt hat,“ so Rehm. An die Stelle der Vorlage von Berichten seien die üblichen Sprechblasen von angeblichen Wirtschaftserfordernissen und Phantasiezahlen von Arbeitsplätzen und real nicht existierenden horrenden Staukosten getreten. „Hanke fehlt offensichtlich jedwedes Interesse an der Erreichung der Klimaziele wie an der Umwelt generell“, kritisiert Rehm. Dies könne aber nicht außer Kraft setzen, dass die gesetzlich gebotene Strategische Umweltprüfung vorwiegend eine Umweltprüfung in Umsetzung der bezughabenden EU-Richtlinie sei. Daran ändere auch nichts, dass Amtsvorgänger Gorbach (FP) den Begriff Umwelt in wohl absichtlicher Kleinlichkeit nicht in die Bezeichnung des Gesetzes über die Strategische Prüfung im Verkehrsbereich aufnehmen habe lassen. „Unser nächster Schritt wird nun ein Auskunftsbegehren nach dem Umweltinformationsgesetz sein, das den Minister verpflichtet, die bezughabenden Dokumente seiner Entscheidung, so überhaupt vorhanden, zu übermitteln. Damit wird hoffentlich mehr Transparenz geschaffen werden können, welche Unterlagen überhaupt vorhanden sind“, so Rehm abschließend.
„S1-Lobautunnel: EU-Recht setzt auch Vorgaben und Grenzen für ministerielle Pläne
Umgehung laufender SUP unzulässig – Genehmigungsverfahren müssen auf EuGH warten
Wien (OTS) –
Wien, am 22.09.2024 (VIRUS). In einer Pressekonferenz präsentierte die Umweltorganisation VIRUS ein Folgegutachten zu jenem fundamentalen Rechtsgutachten, das kausal den Lobautunnel vor den Europäischen Gerichtshof befördert hat, bei dem nun die Rechtssache C-189/25 „VIRUS II“ anhängig ist. Dieses neuere Gutachten klärt wesentliche Zusatzfragen, die für den Spielraum politischer Entscheidungen maßgeblich sind.
Wolfgang Rehm, Umweltverfahrenskoordinator von VIRUS, verwies eingangs darauf, dass die mögliche Rolle ressortzuständiger Verkehrsminister innenpolitisch sehr situationselastisch interpretiert werde. Dies reichte etwa von Werner Faymann, der 2007 gleich den gesamten ASFINAG-Vorstand vorzeitig austauschte und ohne weiteren Formalakt Straßenverbindungen beerdigte, zu seiner Nachfolgerin Doris Bures, die ebenso wie ihr Vorgänger Evaluierungen vornehmen ließ. „Eine Zäsur stellte dann die Ära Leonore Gewessler dar, in der die Ministerin in der Öffentlichkeit als Marionette ohne Handlungsspielraum dargestellt wurde, der Umfang der Ministerkompetenz hängt aber doch nicht von der Person ab,“ so Rehm. An Gewesslers Nachfolger war dann wiederum die gegensätzliche Erwartung geknüpft, dass er in voller Entscheidungshoheit die Weichen gänzlich anders stellen werde. „Für die wichtigen Rechtsfragen verblieb wenig Aufmerksamkeit. Dabei fehlten einerseits Projektgenehmigungen und wurde andererseits übersehen, dass es zusätzlich auf der vorgelagerten Ebene von Plänen und Programmen unionsrechtliche Vorgaben in Form der so genannten Strategischen Umweltprüfung (SUP) gibt, die auch österreichische Bundesminister einzuhalten haben“, so Rehm. Diese SUP-Pflicht sei der zentrale Untersuchungsgegenstand der erstellten Rechtsgutachten.
Unionsrechtswidrige Einträge im BStG müssen unangewendet bleiben
Univ. Prof. Dr. Thomas Müller von der Universität Innsbruck rekapitulierte zunächst sein Erstgutachten „Die zentralen Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: ‘Pläne und Programme‘, die unionsrechtswidrig keiner SUP unterzogen wurden, sind auszusetzen (nicht anzuwenden) oder aufzuheben. Diese Unionsrechtswidrigkeit strahlt auch auf die Ebene der Individualgenehmigungen aus: Letztere dürfen auf Grundlage eines derart unionsrechtswidrigen Plans nicht erteilt werden. Ist dies dennoch der Fall, leiden die betroffenen Genehmigungen an einem ‘Wurzelmangel‘ und können daher selbst Gegenstand einer Aussetzung oder Zurücknahme sein. Die Einträge in den Verzeichnissen 1 und 2 des Bundesstraßengesetzes sind als ‘Pläne und Programme‘ im Sinne der SUP-RL einzustufen“.
Einem unter Verstoß gegen die Pflicht zur Durchführung einer SUP erlassenen Plan oder Programm dürfe auf nationaler Ebene nicht zur Geltung verholfen werden. „Daher müssen Einträge in den genannten Verzeichnissen unangewendet bleiben, wenn keine SUP durchgeführt wurde, obwohl dies unionsrechtlich geboten war. Ein richtlinienwidriger Eintrag in eines der beiden Verzeichnisse des BStG kann daher kein Gegenstand weiterer Planungen des/r zuständigen Ministers/Ministerin sein und dürfe auch keine Genehmigungen für darauf basierende Projekte sein. Dies betrifft auch die S1“, so Müller.
Laufende SUP zu berücksichtigen- Umgehung unionsrechtswidrig
In weiterer Folge hätten sich im Zuge des Verfahrens vor dem BVwG zusätzliche Rechtsfragen gestellt, für die VIRUS ein weiteres Gutachten beauftragt habe. „Grundsätzlich ist eine versäumte SUP nur im Ausnahmefall und nicht ohne Vorliegen besonderer Umstände nachholbar. Eine nachträgliche Legalisierung hat ihre Grenzen darin, dass sie nicht zur Umgehung von Unionsrecht führen und nicht aufgrund bereits erteilter Genehmigung tendenziös sein darf,“ erläutert Müller. Weiters sei festzustellen gewesen, dass die rechtlichen Mängel beider Änderungen des Bundesstraßengesetzes in den Jahren 2006 und 2011 entgegen der Auffassung der ASFINAG nicht dazu führen würden, dass die S1 in der Version 2002 wieder aufleben würde. Weites sei eine „Privat-SUP“ durch die ASFINAG unzulässig. Zu dem alten Wurzelmangel trete aber nun hinzu, dass das damalige BMK im Jahr 2022 eine SUP gestartet habe, die bis auf den letzten Schritt abgeschlossen sei und deren Umweltbericht eine redaktionelle Streichung der S1 Wiener Außenringschnellstraße aus dem Bundesstraßengesetz vorschlägt, was im Umsetzungsfall als Rechtsbereinigung gewertet werden könne. „Dieser neue Umweltbericht hat Rechtswirkungen für die folgende Zusammenfassende Erklärung und damit für die Entscheidungsfindung über den Plan und besteht somit eine Bindungswirkung. Vom Bericht darf daher nicht begründungslos abgewichen werden. Die Ausarbeitung eines neuen Plans ohne Berücksichtigung des Umweltberichts zum bloßen Zweck einer nachträglichen Legalisierung wäre als eine unionsrechtswidrige Umgehung zu werten“, stellte Müller klar. In diesem Sinne ebenfalls nicht unionsrechtskonform sei der Abbruch einer laufenden SUP, weil etwa die Inhalte politisch nicht erwünscht sind. „Ein existierender Umweltbericht kann nicht mehr aus der Welt geschafft werden. Weiters ist ein Umstieg auf ein bloßes Screening nicht zulässig, wenn bereits ein volles SUP-Verfahren läuft und der Umweltbericht erhebliche Umweltauswirkungen feststellt. Das Verfahren ist daher zu Ende zu führen. Eine Wiederholung eines solchen Verfahrens, bis dieses zum gewünschten Ergebnis führt, ist ebenfalls eine Umgehung und damit unionsrechtswidrig,“ schloss Müller weitere Umgehungsmöglichkeiten aus.
SUP und offene Verfahren lassen wenig Spielraum für Entscheidungen
Wolfgang Rehm fasste die Konsequenzen der durch das Gutachten offen gelegten Rechtslage nochmals zusammen: „Eine SUP ist keine schlichte Evaluierung, sondern ein unionsrechtlich normierter Prozess. Der Umweltbericht, der die Abkehr von der S1 empfiehlt, ist nicht einfach nur ein beliebiges Gutachten“. Hinsichtlich der laufenden Verfahren seien soeben vom EuGH schriftliche Erklärungen übermittelt worden, von der ASFINAG, dem Verfassungsdienst für die Republik Österreich, sowie von der EU-Kommission. „Bemerkenswert ist, dass die Kommission dieselbe Rechtsauffassung vertritt, wie wir, während der Verfassungsdienst wenig überraschend der ASFINAG die Mauer macht,“ so Rehm. In den weitergeführten Verfahren zu Wasserrecht, Naturschutz sowie der UVP für das Änderungsprojekt könnten vor der Entscheidung des EuGH keine Bewilligungen erteilt werden. Sollte der EuGH in seinem Urteil der EU-Kommission folgen, dann würde das auch danach gelten. Durchschnittlich dauere ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH rund eineinhalb Jahre. ASFINAG-Vorstand Hufnagl habe im Bewusstsein des Verfahrensstandes angekündigt, dass ein Baubeginn sei nicht vor 2031 möglich sei, was eine fiktive Fertigstellung nicht vor 2037 bedeuten würde. „In der Zusammenschau aller Faktoren hat Bundesminister Peter Hanke hier mitnichten alle Freiheitsgrade der Entscheidung, sondern unterliegt mehrfachen Einschränkungen“, so Rehm abschließend.
Danke Allen die mitgeholfen haben sie zu organisieren und Allen die trotz starkem Regen mitgeradelt sind!
Der Aufruftext:
Der politische Herbst bringt – leicht möglich – hinter verschlossenen Türen, wichtige Entscheidungen zum Lobau Tunnel – und damit in diesem Zuge auch die endgültige Abkehr von allen österreichischen und Wiener Klimazielen.
Als Lobau-Bleibt kämpfen wir seit 4 Jahren intensiv gegen den Bau-Wahnsinn der Reichen und Mächtigen. Am 13.9. wollen wir mit unseren Rädern unsere Ablehnung des monströsen Tunnel-Projekts zeigen und unsere Liebe zur Lobau hochhalten! Wir starten um 14 Uhr am Praterstern – besuchen die ikonischen Orte der Bewegung und Enden vor den Toren der Lobau beim Nationalpark-Haus.
Gemeinsam Lobau-Autobahn stoppen!
Lebensqualität für uns alle
· Ausbau der Öffis und Rad-Infrastruktur
· Retten wir die AU und die Äcker
· NEIN zu Bodenversiegelung
Sparen müssen und gleichzeitig extrem teure, absurde Verkehrsprojekte planen – geht’s no?
Die Lobau soll leben! – Sei Teil der Bewegung – Schützen wir die AU!
Völlig durchnäßt vom Wolkenbruch aber glücklich: Schlußkundgebung vor dem Nationalparkhaus Lobau
Der politische Herbst bringt – leicht möglich – hinter verschlossenen Türen, wichtige Entscheidungen zum Lobau Tunnel – und damit in diesem Zuge auch die endgültige Abkehr von allen österreichischen und Wiener Klimazielen.
Als Lobau-Bleibt kämpfen wir seit 4 Jahren intensiv gegen den Bau-Wahnsinn der Reichen und Mächtigen. Am 13.9. wollen wir mit unseren Rädern unsere Ablehnung des monströsen Tunnel-Projekts zeigen und unsere Liebe zur Lobau hochhalten! Wir starten um 14 Uhr am Praterstern – besuchen die ikonischen Orte der Bewegung und Enden vor den Toren der Lobau beim Nationalpark-Haus.
Gemeinsam Lobau-Autobahn stoppen!
Lebensqualität für uns alle
· Ausbau der Öffis und Rad-Infrastruktur
· Retten wir die AU und die Äcker
· NEIN zu Bodenversiegelung
Sparen müssen und gleichzeitig extrem teure, absurde Verkehrsprojekte planen – geht’s no?
Die Lobau soll leben! – Sei Teil der Bewegung – Schützen wir die AU!
Du möchtest bei der Demo mitfahren, bist aber in deiner Mobilität eingeschränkt?
Dann schreibe uns eine e-Mail: info@lobaubleibt.at
Ein sehr sehenswerter Beitrag zu diesem Thema von Puls 24 in dem auch Jutta Matysek die Obfrau der BI Rettet die Lobau zu Wort kommt:
Im Fokus: Lobau-Tunnel
31. Mai 2025
„Beim Thema Lobau-Tunnel gibt es weiterhin Diskussionen rund um Verkehr, Umwelt und Stadtentwicklung. „Im Fokus“ hat dazu mit dem zuständigen Infrastrukturminister Peter Hanke sowie einer Aktivistin gesprochen.„
Unter diesem Link kann der Beitrag angesehen werden:
Sehr lesenswerter Artikel auf der Homepage des VCÖ (Verkehrs Club Österreich):
Von Sebastian Raho (VCÖ – Mobilität mit Zukunft), Juli 2025
„Der unlängst veröffentlichte zweite Sachstandsbericht Klimawandel verdeutlicht das hohe Tempo des Klimawandels in Österreich. Die Durchschnittstemperatur ist seit 1900 mit 3,1 Grad Celsius doppelt so stark gestiegen wie im globalen Durchschnitt. Extremwetterereignisse, wie Hitze, Starkregen und Stürme, nehmen massiv zu – und damit auch die Schäden. „Der anhaltend hohe Grad an Bodenversiegelung untergräbt die Klimaschutzbemühungen“, heißt es im Sachstandsbericht.1 Die Lobau-Autobahn würde zusätzlich 1,3 Quadratkilometer wertvolle Ackerflächen zerstören.2 Nicht der einzige Nachteil dieser extrem teuren Straße. Aber der Reihe nach:
Die Planungen für die Lobau-Autobahn begannen in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Seither haben sich nicht nur Mobilitäts- und Klimaziele von Wien und Österreich verändert, sondern auch das Mobilitätsverhalten. Dieses voraussichtlich fünf Milliarden Euro teure Infrastrukturprojekt ist nicht mehr zeitgemäß und ist keine Lösung für die Verkehrsprobleme des Ballungsraum Wiens. Im Jahr 2005 erfolgte der politische Beschluss für die sogenannte S1-Nordosterweiterung. Diese soll von Schwechat aus die Donau und die Lobau auf mehr als acht Kilometer untertunneln und dann an der Wiener Stadtgrenze oberirdisch verlaufen.
Lobautunnel löst die heutigen Verkehrsprobleme nicht
Seit dem Jahr 2018 gibt es zwar eine rechtskräftig genehmigte Umweltverträglichkeitsprüfung, aber wasser- und naturschutzrechtliche Bescheide stehen noch immer aus. Zudem wurde Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof eingereicht, da für dieses hochrangige Verkehrsprojekte vorab keine strategische Prüfung Verkehr (SP-V) erfolgte. Wenn die noch ausstehenden Verfahren rasch abgeschlossen werden, wäre ein Baustart frühestens um das Jahr 2030 und eine Fertigstellung um das Jahr 2040 realistisch.3Verkehrswirksam würde die Lobau-Autobahn also erst in fünfzehn Jahren werden, viel zu spät, um für die gegenwärtigen Verkehrsprobleme Abhilfe zu schaffen. Der Umweltbericht der Strategischen Prüfung Verkehr zeigt, dass die S1 zu erweitern in fast allen geprüften Punkten – Verkehr, Umwelt, Gesundheit, Wirtschaftlichkeit – schlechter abschneidet als andere Varianten.4
Wenig Verkehrsentlastung durch S1-Erweiterung
Obwohl sie Verkehrsprobleme lösen soll, würde sich auf die S1 gemäß der Analyse des Umweltberichts der Strategischen Prüfung Verkehr nur wenig Pkw-Verkehr verlagern und damit nur vergleichsweise geringe Verkehrsentlastungen auf der Südosttangente (A23) bewirken. Das tägliche Verkehrsaufkommen der S1 entspräche etwa der Hälfte des Verkehrs der Triester Straße, also weniger als das Verkehrsvolumen einer typischen Wiener Ausfallstraße. Der Betrieb der Lobau-Autobahn würde aber das gesamte Pkw-Verkehrsaufkommen in Wien erhöhen.5 Denn laut einer Studie der TU-Wien fördert die S1 eine flächenintensive Siedlungsentwicklung im Wiener Nordosten und im Marchfeld, da periphere Lagen für Pkw-Pendelnde attraktiv werden.6 Dies würde den Wiener Speckgürtel und damit das Pkw-Verkehrsaufkommen auf bereits stark befahrenen Straßen weiter erhöhen.
Öffi-Ausbau ist wirkungsvolle Lösung
Der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs würde hingegen eine stärkere Entlastung der Hauptstraßen im Osten Wiens und der A23 bewirken. Solch ein Öffi-Paket würde etwa eine Taktverbesserung der S-Bahn, neue Straßenbahnen ins Wiener Umland und vier neue Schnellbuslinien beinhalten.7 Auch der Transitverkehr rechtfertigt den Bau der Lobau-Autobahn nicht, da Pkw-Fahrten von Nord nach Süd nur etwa vier Prozent ausmachen.8 Und auch der Schwerverkehr ist kein Argument für den Bau dieser sehr teuren Straße: Der Anteil des Lkw-Verkehrs beträgt auf der Südosttangente lediglich rund fünf Prozent, hier fahren im jährlichen Tagesdurchschnitt in eine Fahrtrichtung weniger als 5.000 Lkw, aber mehr als 85.000 Pkw.9
Wien hat bereits ausreichend hochrangige Straßenverkehrsinfrastruktur. Entgegen der Annahmen, die in der Planung der S1 vor mehr als zwanzig Jahren getroffen wurden, hat sich das Bevölkerungswachstum Wiens vom Pkw-Besitz entkoppelt, dies gilt auch für den stark wachsenden Osten Wien.10 Hingegen ist der Anteil, der mit dem Fahrrad oder mit den Öffis zurückgelegten Wege seit Anfang der 2000er Jahre stark gestiegen.11 Zudem hat sich die Stadt Wien das Ziel gesetzt, den Anteil des Autoverkehrs von derzeit 25 Prozent auf 15 Prozent im Jahr 2030 zu reduzieren.12
Die S1 zu erweitern schadet der Bevölkerung
Berechnungen des Umweltbundesamts zeigen, dass der Betrieb der Lobau-Autobahn große Mengen an CO2 und gesundheitsschädlichen Schadstoffen freisetzen würde. Im Jahr 2040 würden durch die Lobau-Autobahn zusätzlich 294.000 Tonnen CO2 und 327 Tonnen Stickoxide verursacht.13Über 400.000 Menschen wären von erhöhten schädlichen Emissionen betroffen, da die Lobau-Autobahn im dicht besiedelten städtischen Bereich Wiens mehr Verkehr verursachen würde.14 Ein Szenario ohne Lobau-Autobahn und mit ausgebautem Öffentlichen Verkehr würde für 829.000 Personen eine Reduktion der Schadstoffbelastung bedeuten.15
Bodenversiegelung und Biotop-Zerschneidung durch Straßenbau
Diese neue Autobahn bestünde nicht nur aus einem 8,2 Kilometer langen Tunnel durch einen Nationalpark, sondern auch aus Oberflächenstraßen, deren Bau zum Verlust von 131 Hektar landwirtschaftlicher Böden führen würde.16 Von den versiegelten Flächen sind derzeit 93 Prozent landwirtschaftlich genutzt. Die Lobau-Autobahn würde direkt durch ein schützenswertes agrostrukturelles Vorranggebiet führen, wobei 61 Hektar hochwertiger sogenannter BEAT-Flächen versiegelt würden, die für die Ernährungssicherheit Österreichs essentiell sind.17 Zudem würde die S1-Nordosterweiterung den Alpen-Karpaten-Landschaftskorridor durchschneiden, was die Biodiversität in dem ökologisch bereits stark geschädigten noch Raum weiter reduziert.18
Hoher CO2-Ausstoß und Gefahr für die Lobau
Befürworter argumentieren, das Projekt reduziere Umwegfahrten und wäre somit gut für die Umwelt. Das ignoriert aber die gesteigerten Umweltwirkungen und die gewaltigen Emissionen des Tunnelbaus. Allein der Tunnelbau wird mindestens 400.000 Tonnen CO2 verursachen – dazu kommt noch das CO2 für den Bau des S1-Nordteils, der Stadtstraße und A23-Spange. Das Argument, der unterirdische Tunnel, schütze die Lobau, ist ebenfalls fragwürdig. Das zeigt der Bau des Götschkatunnel für die S10 Mühlviertler Schnellstraße in Oberösterreich. Obwohl der Tunnel 40 Meter unter der Oberfläche gebaut wurde, sank das Grundwasser in der Gegend deutlich ab. Dies führte zu folgenschweren Umweltschäden in der Gegend: Feuchtbiotope versandeten, Bäche versiegten, Wälder vertrockneten, Felder verdorrten und etwa 50 Brunnen in der Gegend führten kein Wasser mehr nach dem Tunnelbau.19
Diese Autobahn wird sehr teuer
Die S1-Nordosterweiterung inklusive dem Lobautunnel kostet laut offizieller Kostenschätzung mindestens 2,4 Milliarden Euro Kosten.20 Im Jahr 2021 rechnete die Asfinag noch mit 1,9 Milliarden Euro, was einem Kostenanstieg von 21 Prozent in drei Jahren entspricht.21 Die Kosten von großen Straßenprojekten werden oft unterschätzt. Aktuelles Beispiel: Die A26, der sogenannte Linzer Westring, kostet statt geplant 440 Millionen Euro aktuell 1,2 Milliarden Euro – also fast dreimal (!) so viel.22 Bei einer ähnlichen Kostensteigerung würden die Kosten der S1-Erweiterung auf deutlich über fünf Milliarden Euro ansteigen. Die Lobau-Autobahn wäre sehr teuer, würde aber die bestehenden Verkehrsprobleme nicht lösen. Darüber hinaus würde sie die Gesundheitsbelastung für viele Anrainerinnen und Anrainer erhöhen, wertvolle landwirtschaftliche Flächen für immer zerstören.
Ein Projekt, das viele Nachteile bringt und im Widerspruch zu Österreichs Klima- und Mobilitätszielen steht, sollte ad acta gelegt werden.“
Quellen
1
Austrian Panel on Climate Change (2025). Zweiter Österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel | AAR2.
Der VCÖ setzt sich mit Hilfe seiner Spenderinnen und Spender für eine zeitgemäße Verkehrsplanung ein, die den Menschen in seiner Vielfalt in den Mittelpunkt stellt. Denn die Mobilität von morgen ist ökologisch verträglich, ökonomisch sinnvoll und sozial gerecht.
Presseaussendung der Umweltorganisation VIRUS vom 01.07.2025
Wer weiter auf klimaschädliches Nonsens-Betonprojekt setzen will, wartet auf Godot
Wien (OTS) –
Wie die Umweltorganisation VIRUS bekanntgibt, wird ab morgen am Bundesverwaltungsgericht erneut eine bis zu zweitägige wasserrechtliche Beschwerdeverhandlung stattfinden. Verfahrenskoordinator Wolfgang Rehm: „Das ist insofern ungewöhnlich, als das BVwG die Sache ja bekanntlich zur Vorabentscheidung zum Europäischen Gerichtshof geschickt hatte, der in den kommenden 1,5-2 Jahren grundsätzliche Rechtsfragen zu klären hat, die über die Existenz des Projekts entscheiden werden. Nun wird auf Drängen der bekanntlich eher verschwenderischen Asfinag vorerst einmal einfach kostenintensiv weitergemacht, als gäbe es dieses Grundproblem nicht mehr“.
Gleichzeitig würden beim EuGH in der nunmehr anhängigen Rechtssache C-187/25 „VIRUS II“ gerade die Fristen für das schriftliche Stellungnahmeverfahren laufen. „Hier stehen die Chancen gut, dass das höchste europäische Gericht im Sinne des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts den vom Rechtsgutachten der Universität Innsbruck identifizierten Wurzelmangel bestätigen werden,“ so Rehm. Bei der kommenden Wasserrechtsverhandlung werde es um die Auswirkungen des Lobautunnelprojekts auf das Grundwasser nördlich und südlich der Donau und auf Augewässer gehen und habe nach bereits drei Fehlversuchen seit Ersteinreichung 2009 die Asfinag im Sommer 2004 neue Grundwassermodellierungen vorgelegt, die nun in Fortsetzung der Jänner-Tagsatzung im Detail weiter zu prüfen seien. „Aufgrund der ohnehin abzuwartenden EuGH-Entscheidung ist das, wozu uns das BVwG jetzt zwingt, hochwahrscheinlich frustrierter Aufwand und haben die Beschwerdeführer nicht wie die Autobahnbauer praktisch unbegrenzte Mittel“ ärgert sich Rehm und wünscht sich weniger Hofierung vermeintlich wichtiger Staatsbetriebe und mehr von der gebotenen Äquidistanz gegenüber den Parteien. Der Gerichtsverhandlung zeitlich vorgelagert werden am Mittwoch Umwelt- und Klimainitiativen eine Demonstration zum Schutz des Klimas und des Grundwassers vor dem Gerichtsgebäude abhalten. Schließlich sehe die extrem teure und klimaschädliche S1 auf der wirtschaftlichen Nutzenseite alt aus, bringe jedoch keine Verkehrsentlastung und sei daher ein Nonsens-Projekt. Wie Rehm betont, zeige gerade das Lobautunnelprojekt beispielhaft für einige weitere Autobahnneubauten auch die Grenzen der von der Innenpolitikberichterstattung wiederholt suggerierten Allmacht von Ressortministern auf. Asfinag Chef Hufnagl habe bereits Ende Mai in der Presse unter richtiger Angabe des Verfahrensstandes klargestellt, dass über dieses Projekt heuer gar nicht entschieden werden könne und einen möglichen Baubeginn frühestens 2031 in Aussicht gestellt, was eine Fertigstellung nicht vor dem Jahr 2037 bedeuten würde. „Auch wenn der mittlerweile mit Recht nachdenklich gewordene Bundesminister Hanke künftig besonders ambitioniert für das Projekt auftreten sollte, ist sein Spielraum rechtlich extrem eingeengt und wird jede Showpolitik irgendwann von der juristischen Realität eingeholt. Generell gilt: Wer weiter auf dieses Projekt setzen will, wartet wie schon die letzten 20 Jahre auf Godot,“ so Rehm abschließend.
Unser Beitragsbild zeigt die Protestkundgebung bei der letzten Wasserrechtsverhandlung vor dem Bvwg.
Der neue Film DIRECT ACTION läuft seit Juni auch in Österreich: Der Filmgarten lädt vor der Filmvorführung am 14.6. zu einem Puplikumsgespräch bei der Jutta Matysek, die Obfrau der BI Rettet die Lobau über die Lobau, ihre Bedrohung durch die geplante Autobahn und den Widerstand dagegen erzählen wird.
Mehr zu Film DIRECT ACTION
von Guillaume Cailleau & Ben Russell
„In Anlehnung an die gleichnamige Proteststrategie – „eine Aktion, die darauf abzielt, unmittelbar und mit effektivsten Mitteln zum Ziel zu gelangen“ – ist Direct Action das zeitgenössische Porträt einer anregeden militanten Aktivist*innengemeinschaften in Frankreich – ein 150 Personen starkes ländliches Kollektiv, das mehrere gewaltsame Räumungsversuche des französischen Staates überlebte, erfolgreich ein internationales Flughafenerweiterungsprojekt in der Bretagne verhinderte, von 2012-2018 eine autonome Zone schuf und drei Jahre später zur beachtlichen Umweltbewegung wuchs. Durch seinen kollaborativen und einzigartig immersiven Beobachtungsansatz dokumentiert Direct Action den Alltag eines vielfältigen Ökosystems aus Aktivistinnen, Hausbesetzern, Anarchisten, Landwirtinnen und von der Regierung als „Öko-Terroristen“ abgestempelten Personen, um besser zu begreifen, wie der Erfolg radikaler Protestbewegungen eine Schneise durch die Klimakrise – vielleicht gar aus ihr heraus – schlagen kann.„
Regie Guillaume Cailleau, Ben Russell Kamera Ben Russell | Schnitt Guillaume Cailleau + Ben Russell, Set-Ton Bruno Auzet | Sound Design Nicolas Becker + Rob Walker | Tonmischung Rob Walker Eine CASKFILMS (DE) Produktion in Koproduktion mit Volte (FR)
Ausgabe Wien (1090) Di. 3.-Sa. 7. Juni ab 18 Uhr allabendliches Programm mit Konzerten, Lesungen u.v.m. – etwa Fr. 6.6. 20:15 Uhr: Lesung & Präsentation des BuchesDirect Action mit Servane D. Sa. 7.6.: Gespräch und Ausklang mit Beteiligten des Films in der Ausgabe Wien (nach der Premiere im Gartenbaukino)
„Wenn die Bundesregierung sowie die Landesregierungen von Niederösterreich und Wien den Lobautunnel und die S1-Spange schon nicht direkt befürworten, so lehnen sie sie definitiv nicht ab. Im Parlament forderten die Regierungsparteien mit einem Entschließungsantrag dazu auf, die noch nicht genehmigten Neubauprojekte der ASFINAG auf ihre Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Effizienz und volkswirtschaftliche Impulssetzung zu überprüfen.
Diese Überprüfung – den Umweltbericht S1 – gibt es aber schon. Und sie empfiehlt die Streichung der S1-Spange aus dem Bundesstraßengesetz. Wie die Geschichte zeigt, sind solche Streichungen – Gott sei Dank – durchaus schon vorgekommen.
Welche Meinung haben Vertreter der Wissenschaft zu diesem Vorhaben? Wo könnten die Kosten liegen, und was kosten mögliche Alternativen? Können die Infrastrukturprojekte trotz Budget-Loch umgesetzt werden?
Prominente und kompetente Referenten berichten aus ihrer Sicht und stehen Ihnen Rede und Antwort. Nutzen Sie diese einzigartige Gelegenheit, mit Experten ins Gespräch zu kommen, sich aus erster Hand zu informieren und Ihre Fragen, Ideen und Vorschläge einzubringen!“